„Spektakuläres Dahingleiten“ – Diese Wortpaarung scheint auf den ersten Blick vollkommen unpassend zu sein, aber die beiden Wörter passen sehr wohl zusammen, wenn es um einen Segelflug-Wettbewerb geht. Kevin Jehle und Julian Kapitel vom Flugsportverein Tübingen waren gemeinsam mit über 100 anderen Piloten auf dem Klippeneck-Wettbewerb bei Rottweil um sich dort mit den anderen zu messen.
„Spektakulär“: Beim Überholen in der Luft sind die anderen greifbar nahe, und dies bei Geschwindigkeiten, wie sie auch in der Formel 1 vorkommen. Ein winziger Fehler reicht und der Tagessieg ist dahin – die anderen Rennteilnehmer sind uns nämlich immer auf der Spur, sehen unsere Fehler und fliegen sofort davon. Die Thermik darf uns dabei nicht ausgehen, wenn sie das aber doch tut, dann landen wir mit unserem Hochleistungs-Segelflugzeug auf einer Wiese. Im Cockpit ist die Lage angespannt, beide Piloten sind hochkonzentriert: einer der beiden fliegt, der andere macht sich Gedanken zum weiteren Flugverlauf und der Strategie.
„Dahingleiten“: unbeschwert und elegant dahinschweben – im Flugzeug ist es ganz ruhig, kein Motor stört – nur die Luft strömt an dem Flugzeug vorbei. Ab und zu treffen wir Vögel, sie kommen bis auf wenige Meter an unser Flugzeug heran und schauen uns zu, wie wir versuchen so anmutig zu fliegen wie sie selbst. Näher kann man den Wolken und der Natur wohl kaum sein. Segelflieger – deren Antrieb Sonne und Wolken sind – werden eins mit der Natur; ohne dass wir die Natur verstehen und respektieren, können wir keine Rekordflüge schaffen oder Wettbewerbe gewinnen. Der Ausblick ist genial: der Schwarzwald und die Schwäbische-Alb sehen aus der Vogelperspektive paradiesisch aus. Das Alpen-Panorama mit dem Bodensee im Vordergrund verleitet zum Genießen.
„Faszination“ Genau diese Dinge sind es, die Kevin und Julian so faszinieren. Seit nunmehr 5 Jahren fliegen die beiden und suchen die sportliche Herausforderung im Wettbewerbsflug und der Segelflug-Bundesliga. „Das Fliegen hat mich auch im “normalen“ Leben geformt und geprägt. Verantwortung für mich und Maschine zu übernehmen, Entscheidungen nachhaltig und korrekt zu treffen sind wesentliche Disziplinen in einem mental sehr anspruchsvollen Sport“, meint Julian. Für Kevin ist es „Gehirnjogging der anderen Art – raus aus dem Hörsaal und rein ins Cockpit. Besonders fasziniert mich das Wetter. Das genaue Verständnis über die Meteorologie hilft mir, in dem Sport schnell und erfolgreich zu sein.“
Auf dem traditionsreichen Fluggelände in der Nähe von Rottweil findet inzwischen seit 48. Jahren der Klippeneck-Wettbewerb statt. Teilnehmer aus ganz Europa kommen dort hin um den Vergleich zu suchen. Es geht darum eine vorher definierte Strecke schnellstmöglich abzufliegen. An jedem der acht Wertungstage gibt es eine neue Aufgabe, dem Wetter entsprechend eben. Schnell fliegen alleine reicht dabei nicht: der beste Flugweg muss erkannt und erfühlt werden, schwache Thermik sollte man auslassen, starke Thermik sollte man nutzen. Dabei aber nicht zu tief kommen, denn jede ausgelassenen Thermik bringt einen näher an eine Außenlandung: nicht gefährlich aber schlecht für die Platzierung. Kevin und Julian sind mit dem Ergebnis mehr als zufrieden. Platz 5 von 24 in der Doppelsitzerklasse und auch ein Tagessieg stehen auf der Erfolgsbilanz.
Hier noch ein YouTube Video mit ein paar gesammelten Eindrücken: